Abmahnung
Als Rechtsanwälte, die sich besonders auf das Arbeitsrecht spezialisiert haben, beraten und vertreten wir seit vielen Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu allen Fragen der arbeitsrechtlichen Abmahnung. Meist stellen Abmahnungen eine sachliche Kritik des Arbeitgebers an der Arbeitsweise oder dem Verhalten des Arbeitnehmers dar. Oftmals sind sie aber auch Ausdruck eines Trennungswunsches des Arbeitgebers, der hiermit eine Kündigung vorbereiten will. Hin und wieder sind Abmahnungen Bestandteil eines systematischen Mobbings oder Bossings.
In berechtigten Fällen sind Abmahnungen ein wichtiges und für den Arbeitgeber auch unverzichtbares Intrument zur Sicherstellung der Einhaltung der Arbeitsabläufe und Weisungen und zur Bewahrung des Betriebsfriedens. Der Arbeitgeber muss und soll die Möglichkeit haben, erhebliches vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers abzumahnen, denn nur eine Abmahnung hat die notwendige Warnfunktion inne, die im Falle der Zuwiderhandlung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann. Es ist für den Arbeitgeber im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nahezu unmöglich, eine verhaltensbedingte Kündigung außerhalb von ganz gravierenden Pflichtverletzungen bzw. Straftaten des Arbeitnehmers ohne eine zuvor erteilte gleichgerichtete Abmahnung wirksam auszusprechen.
Die Beweislast für die Berechtigung einer Abmahnung trägt dabei der Arbeitgeber. Soll die Abmahnung Bestand haben, muss diese daher unbedingt professionell vorbereitet worden sein und die notwendigen Formalien einhalten. Es sollte daher gerade auch auf Seiten des Arbeitgebers vor Ausspruch der Abmahnung stets rechtskundiger Beistand eingeholt werden. Denn wenn eine unüberlegt ausgesprochene Abmahnung später durch das Arbeitsgericht wieder "einkassiert" wird, ist dies in aller Regel für den Arbeitgeber nicht nur peinlich, sondern untergräbt nicht selten nachhaltig dessen Autorität im Betrieb.
Für Arbeitnehmer, die eine Abmahnung erhalten, gilt es zunächst, Ruhe zu bewahren und die Sache nüchtern zu betrachten. Durch eine Abmahnung verändert sich zunächst nichts im Arbeitsverhältnis, es laufen keine Fristen, die man einhalten müsste. Im Zweifel sollte anwaltlich geprüft werden, ob die Abmahnung berechtigt oder unberechtig ist und ob deren Entfernung verlangt werden kann? Ist die Abmahnung rechtlich nicht zu halten, sollte der Arbeitnehmer stets die Möglichkeit einer Beseitigungsklage ernsthaft in Erwägung ziehen. Zwar führt eine unwidersprochene Abmahnung nicht dazu, dass die in ihr enthaltenen Vorwürfe in einem folgenden Kündigungsschutzverfahren als zugestanden gelten würden, jedoch wirkt sich eine Abmahnung in der Personalakte nicht selten im laufenden Arbeitsverhältnis bei Beförderungen und sonstigen personellen Maßnahmen im Betrieb aus und wird schließlich auch bei Zeugniserteilung relevant. bei Hinnahme erfolgt nicht selten die nächste Abmahnung oder gar eine Kündigung. Die pyschologische Wirkung einer nicht angegriffenen Abmahnung auf den Richter und dessen nichtrichterliche "Beisitzer" ist dann keineswegs zu unterschätzen.
Die Kanzlei Sachse betreut schwerpunktmäßig das Abmahnungsrecht. Wir helfen sowohl Arbeitnehmern dabei, sich gegen unberechtigte Abmahnungen zu wehren, auch unterstützen wir Arbeitgeber darin, form- und rechtswirksame Abmahnungen zu formulieren und auszusprechen.
Die typischen Fragen lauten:
- Was ist eine Abmahnung (Abgrenzung zur Ermahnung)?
- Welche formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen hat eine Abmahnung?
- Welche materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen hat eine Abmahnung?
- Ist der Arbeitnehmer zur Abmahnung vorher anzuhören?
- Ist der Betriebsrat zu beteiligen?
- Wann kann nach Ausspruch einer Abmahnung bei weiterem Fehlverhalten gekündigt werden?
- Bedarf es der Abmahnung vor einer außerordentlichen fristlosen Kündigung?
- Wie kann man sich gegen unberechtigte Abmahnungen wehren?
Kritik am Arbeitsplatz ist üblich und oft auch notwendig. Der Arbeitnehmer verrichtet weisungsgebundene Tätigkeiten und schuldet daher vertraglich Arbeit nach Weisung des Arbeitgebers, deren Nichteinhaltung nicht ohne Folgen bleiben kann. Nicht jede Kritik des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer stellt dann gleich eine Abmahnung dar. Bloße (auch deutliche und erboste) Rügen oder Aufforderungen, sich fortan an bestimmte Regeln zu halten, stellen zunächst lediglich Weisungen oder sog. "Ermahnungen" des Arbeitgebers dar. Dabei kommt es auf die genaue Bezeichnung der Äußerung grds. nicht an. So kann eine als "Ermahnung" bezeichnete Erklärung im Zweifel eine echte Abmahnung sein, wenn sie deren Kriterien einhält und umgekehrt.
Eine Abmahnung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber (ob mündlich oder schriftlich ist dabei egal):
- ein ganz konkretes Verhalten des Arbeitnehmers (i.d.R. konkret mit Datum und Uhrzeit) benennt.
- er dieses Verhalten ausdrücklich als arbeitsvertragswidrig rügt und den Arbeitnehmer ausdrücklich dazu auffordert, solches in Zukunft zu unterlassen
- er zum Ausdruck bringt, dass bei nochmaliger Wiederholung des abgemahnten Verhaltens mit der Kündigung zu rechnen ist.
Nur wenn all diese drei Kriterien in der Erklärung des Arbeitgebers erfüllt sind, liegt eine echte Abmahnung vor. Ansonsten handelt es sich um keine Abmahnung, sondern lediglich um eine Ermahnung. Ein mit "Abmahnung" überschriebenes Schriftstück, welches die drei Kriterien nicht einhält, muss der Arbeitnehmer nicht in der Personalakte dulden.
Formelle Wirkamkeitsvoraussetzungen der Abmahnung.
Neben dem Erfordernis, dass die oben genannten drei oben beschriebenen inhaltlichen Kriterien, die vom Wortlaut der Abfindung erfasst sein müssen, gibt es dann anders als bei der Kündigung keine besonderen Formvorschriften für eine Abmahnung. Diese kann insbesondere auch mündlich erteilt werden (auch wenn die schriftliche Abmahnung schon aus Beweiszwecken stets unbedingt zu empfehlen ist). Sie muss ferner vom Arbeitgeber stammen. Entgegen landläufiger Auffassung gibt es auch keinerlei zeitliche Grenze und keine Frist in der die Abmahnung ausgesprochen werden muss. Eine Abmahnung kann also noch Monate nach dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers ausgesprochen werden.
Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abmahnung.
Einziges materielles Wirksamkeitskriterium einer Abmahnung ist dann, dass tatsächlich ein abmahnungswürdiges Verhalten des Arbeitnehmers ("sachlicher Grund") vorliegt. Hierfür trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dh. der Arbeitnehmer kann auf Entfernung klagen und dabei den Vorwurf bestreiten.
Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass ein schuldhafter (d.h. zumindest fahrlässsiger) Verstoß des Arbeitnehmers gegen vertragliche Pflichten vorliegt, der auch nicht nur unerheblich sein darf.
Klassische abmahnungsfähige Verhaltensweisen stellen etwa die Nichteinhaltung von Arbeitsanweisungen, Verspätungen beim Arbeitsantritt, unterlassene Krankmeldung, Störung des Betriebsfriedens durch Mobbing oder Beleidigung von Kollegen, Nichteinhaltung von Sicherheitsbestimmungen, Bummelei, Fehler bei der Arbeitsleistung, fahrlässsige / vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers dar. Nicht abmahnungsfähig sind dagegen solche Verhaltensweisen, auf dei Arbeitnehmer keinen Einfluss hat, wie etwa ständige Krankheiten oder Nichtbewältigen des Arbeitspensums wegen Arbeitsüberlastung. Im Ergebnis geht es an dieser Stelle stets darum, für den konkreten Einzelfall zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer schuldhaft ihm bekannte arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat und ob diese Verletzung einen solchen Grad an Vorwefbarkeit erreicht hat, dass sie nicht nur geringfügig sind.
Ist der Arbeitnehmer vor Ausspruch der Abmahnung anzuhören?
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer Abmahnung nur dann anzuhören, wenn diese in die Personalakte genommen werden soll. Dies ergibt sich aus § 82 Abs.1 BetrVG. Wird dieses nicht eingehalten, kann allerdings nur die Entfernung des Schriftstücks aus der Personalakte gefordert werden. Die rechtliche WIRKUNG der Abmahnung bleibt aber bestehen.